Freitag, 26. März 2021

Geplaudert mit Lynn Riegger – Das Interview im März

Sie ist jung, sie ist auf Zack und hat für ihr Alter schon unglaublich viel erreicht: Lynn Riegger hat Soziologie und Medienwissenschaft an der Uni Basel studiert und 2019 mit einem Bachelor of Arts abgeschlossen. Während des Studiums hat sie in den Bereichen Soziale Arbeit, Gastronomie, Kommunikation und Kultur gearbeitet und war unter anderem als stellvertretende Barchefin des Veranstaltungslokals Kuppel und als Kommunikationsverantwortliche des Basler Clubfestivals BScene tätig. Auch im jugend- und sozialpädagogischen Bereich ist Lynn Riegger seit vielen Jahren aktiv. Nach Anstellungen im Jugendhuus Eglisee Basel, der Schulischen Tagesstruktur Allschwil und der Tagesstruktur Thierstein Basel hat sie auf Januar 2021 das Amt der Jugendbeauftragten in Riehen übernommen und ist mit 28 Jahren die bisher vielleicht jüngste Leiterin der Jugendarbeit Riehen.

  

Als ich deinen Lebenslauf gelesen und gesehen habe, was du alles ­- zum Teil parallel - gemacht hast, habe ich mich gefragt, ob du auch ab und zu schläfst und woher du deine schier unendliche Energie nimmst?

So wie du mich ankündigst, könnte man meinen ich sei Superwomen! Das schmeichelt mir zwar, meine Energie ist aber schon nicht unendlich, und Schlaf wird mit den Jahren immer wichtiger! Ich versuche bewusst „freie Zeit“ oder Tapetenwechsel durch kleine Reisen, Reiten, Wandern und dergleichen einzuplanen. Natur und Draussensein ist zurzeit genauso wichtig wie (corona-konforme) Begegnungen mit Menschen. Energie ziehe ich aus der Sinnhaftigkeit meiner Arbeit und der Begeisterung für die Menschen und Dinge, mit denen ich mich befasse. Stimmt es dort, bin ich tatsächlich manchmal selbst überrascht, was alles möglich ist. Einen grossen Anteil daran haben natürlich auch die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite. Ich bin ein Team-Mensch und habe auch jetzt in Riehen das Glück, tolle Mitarbeiter*innen zu haben.

 

Kultur, Musik, Kommunikation, Sprache, Soziale Aspekte, Jugend – du warst schon in den verschiedensten Bereichen tätig. Welcher ist der wichtigste oder wie hängen diese zusammen?

Diese Bereiche haben für mich tatsächlich einen engen Zusammenhang. Im Zentrum steht dabei der soziale Austausch und das gemeinsame Erlebnis. Über Kultur und Sprache werden Verbindungen geschaffen, es entstehen Beziehungen und gemeinsame Interessen. Dabei begegnen sich manchmal Menschen, die das sonst vielleicht nie tun würden.

 

2016 hast du den Verein Sprachcafé Basel mitbegründet, bei dem es um Integration geht – mit unkonventionellen Ansätzen. Was macht das Sprachcafé aus?

Das Sprachcafé bietet einen niederschwelligen Zugang zum Erlernen unserer Sprache. Es gibt kein vorgegebenes Programm, wir verteilen einfach Kaffeegutscheine und man kann kommen und gehen wie man will. Hauptziel ist es, bei einem „Kaffi“ über die Sprache in Kontakt zu kommen und so gleichzeitig die Integration zu fördern. Vor Corona fand es jeweils mittwochs in der Kult Bäckerei und freitags im Café Frühling statt, und es trifft sich schönerweise ein total gemischtes Publikum von Asylsuchenden, über Erasmus-Student*innen bis zu Pharma-Mitarbeiter*innen oder Aupairs, die via unserer Website, Social Media oder Meet Up" auf uns aufmerksam wurden. Corona erschwert das Ganze natürlich, im Moment treffen wir uns alle zwei Wochen online, letzten Herbst haben wir auch thematische Spaziergänge gemacht unter dem Motto „Sprachcafé läuft“. Wir arbeiten mit einem Vorstand, der das Ganze plant und aktiven Mitgliedern, die regelmässig teilnehmen und die Idee mittragen. Unterstützt werden wir durch private Spenden und Stiftungsgelder. Wir hatten von Anfang an ein super Feedback, und es scheint nach wie vor ein grosses Bedürfnis zu sein: im Schnitt kommen rund 50 Menschen im Sprachcafé zusammen!

 

Als stv. Barchefin in der Kuppel hattest du viele junge Gäste, bei der BScene hast du mit einem jungen Team gearbeitet. Gibt es Dinge, die du aus dieser Zeit mit in deine neue Stelle Jugendbeauftragte in Riehen nimmst?

Ich habe in diesen Jobs – hinter der Bühne, an der Bar – gelernt, mit verschiedensten Menschen und Meinungen umzugehen, die Übersicht zu behalten und in stressigen Momenten Ruhe zu bewahren. Nun kann ich den Jugendlichen eine Bühne geben, eine Plattform bieten, auf der sie sich zeigen und das eigene Potenzial austesten können. Wir alle wollen „gesehen“ und anerkannt werden. Dieses Bedürfnis aufzunehmen scheint mir wichtig, egal ob im Jugendtreff, auf der Tanzfläche oder mit einem Gast an der Bar.

 

Du bist dabei, die Jugendarbeit Riehen mit deinem Team neu zu strukturieren. Was wird sich ändern?

Wir möchten die Kräfte verschiedener Player bündeln und Synergien schaffen, um die Anliegen der Jugend besser aufgreifen zu können. Darum haben die mobile Jugendarbeit und der Jugendtreff Landauer «fusioniert». Wir arbeiten nun in einem neuen Team, das verschiedene Schwerpunkte in sich vereint und sind überzeugt, dass diese neue Struktur Wege verkürzt und uns unkompliziert, flexibel und schneller auf die Jugendlichen und ihre Themen eingehen lässt. Ganz wichtig für uns ist, dass wirklich die Jugendlichen im Vordergrund stehen und nicht (wie dann doch so oft) die Erwachsenen. Wir möchten eine Art «erwartungsfreie» Zone sein, einen «Safe Space» bieten, in dem man Spass haben kann, wo aber auch schwierige Themen zur Sprache kommen dürfen.

 

Deine eigene Jugend ist ja noch nicht so lange her. Wenn du diese mit heute vergleichst – wo siehst du Parallelen, wo Unterschiede und was möchtest du den Jugendlichen vermitteln?

Gewisse Themen sind sehr ähnlich und gehören wohl zu den Grundbedürfnissen des Menschen:  Verstanden und vor allem auch ernstgenommen zu werden. Das Angebot an Medien ist heute unglaublich gross und viel mehr läuft online ab. Corona zeigt aber auch, dass dies einen echten sozialen Austausch nicht ersetzen kann. Ich glaube, dass dafür heute ein grösseres Bewusstsein besteht, als noch zu meiner Zeit. Die Jugend hat die Möglichkeit, Impulse zu geben für die Zukunft und einige sind (gerade im Klimaschutz) sehr engagiert unterwegs. Andere scheinen nicht an ihre eigene Kraft und Möglichkeiten zu glauben. Mit unserer Arbeit möchte ich den Jugendlichen gerade in diesen schwierigen Zeiten ein offenes Ohr, Unterstützung und Halt bieten, sie motivieren, ihr Potential zu nutzen. Ich möchte ihnen aber auch mitgeben, dass es in Ordnung ist, noch nicht genau zu wissen, was man möchte, dass es normal ist, manchmal überfordert zu sein, dass es okay ist, auch mal «gegen den Strom» zu schwimmen, bis man seine eigene Richtung gefunden hat.

 

Neben deinem Beruf und all dem was du studiert und angepackt hast, besitzt du einen Führerschein B, bist Lagerleiterin Snowboard, du kannst surfen, machst Freiwilligenarbeit im Haushalt betagter Menschen, kennst dich mit Gartenbau aus und hast einen Trockensteinmauer-Kurs absolviert... Gibt es auch etwas, was Lynn Riegger nicht so gut kann?

Ich kann nicht gut Gamen – die virtuelle Welt sagt mir nicht so viel, entsprechend ungeübt bin ich darin. Aber vielleicht lerne ich das noch von „meinen“ Jugendlichen? Und Smalltalk – das kann ich zwar, mag es aber nicht wirklich, denn ein echtes Gespräch ist mir viel lieber.

 

Worauf freust du dich am meisten, wenn sich die Situation wieder normalisiert?

Auf ein unbeschwerteres, lockeres Zusammensein – im Privaten und bei der Arbeit. Dass man direkt auf Menschen zugehen kann, in ihre Gesichter sieht und Dinge zusammen planen und umsetzen kann. Und aufs Reisen freue ich mich – das habe ich in den letzten Monaten immer mehr vermisst.

  

In der Reihe «Geplaudert mit ...» spricht das Kulturbüro mit Personen, die hinter den Kulissen der Riehener Kultur- und Freizeitangebote wirken. 

 

Fotolegende:
Team Jugendarbeit Riehen & Jugendtreff Landi
Kuppel Basel, Bar & Bühne
Sprachcafé Team & Teilnehmer - Foto: Ivana Kresic
Kulturtreppe Riehen 2020 - Produktionsteam
Hobbys: Reisen, Surfen, Wandern, Mauern

 

 

 

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