Freitag, 4. Juni 2021

Geplaudert mit Anna Katharina Sintzel Item – Das Interview für den Newsletter «Sélection 11/21»

Anna Katharina Sintzel Item (55) ist Architektin und Teilhaberin des Architektenbüros Fistarol Sintzel Jakobs. Mit diesem setzte sie in den letzten Jahren unter anderem den Umbau «Schauplatz Natur» des Naturhistorischen Museums Basel um. Zurzeit realisieren die Architekten das Tropenhaus des Botanischen Gartens. Bauen im Bestand macht einen grossen Teil ihrer Arbeit aus, und sie ist bekannt für ihren ebenso respektvollen wie pragmatischen Umgang mit bestehenden Bauten. 2016 hat Fistarol Sintzel zusammen mit EMYL, Büro für Szenografie und Innenarchitektur, die Ausschreibung zum Umbau des Spielzeugmuseums Riehen gewonnen. Es lag noch Schnee und die Umbauten waren in vollem Gang als dieses Interview entstand. Nun ist der Sommer da, das MUKS feiert vom 10. – 13. Juni 2021 Eröffnung und wir bekommen von Anna Katharina Sintzel Item vorab schon einen Eindruck, was der Umbau alles so mit sich gebracht hat.

 

Das Konzept mit dem Sie 2016 die Ausschreibung zum Umbau des Spielzeugmuseums gewonnen haben, heisst «Dorf & Spiel». Was sind die Kernpunkte darin?

Räumlich ist sicher die neue Anordnung des Gartensaals und die Neugestaltung des Gartenbereichs zur Wettsteinanlage zentral. Inhaltlich ist es aber auch das Gleichgewicht zwischen den Ausstellungen Dorf im Erdgeschoss, Spiel im Obergeschoss und dem gemeinsamen Sammlungsraum im Rebkeller. Das Museum spricht damit nicht nur an Spielzeug und ihrer Geschichte interessierte Menschen an, sondern auch die, die sich mit der Geschichte des Dorfes bis zur Gegenwart auseinandersetzen. Das MUKS soll ein Ort der Begegnung von mehreren Generationen werden.

 

Was war die Herausforderung bei diesem Umbau und worauf sind Sie aus baulicher Sicht besonders stolz?

Alt und neu zusammenzubringen und eine ganze Ladung an zeitgemässer Technik (Elektroinstallationen, WLAN, Sicherheitsanlagen oder Radon-Lüftungsinstallationen) schonend in der Gebäudesubstanz einzuarbeiten, das war ein grosses Thema. 1972 ist das Wettsteinhaus unter der Leitung von Gerhard Kaufmann umfassend renoviert worden. Der Fokus lag damals vor allem auf dem Erhalt und der Wiederherstellung des Raumeindrucks von 1650. In den Haupträumen ordnen sich die heutigen Eingriffe der damaligen Renovation unter und sind entsprechend zurückhaltend. Bei den neuen Elementen, wie dem Liftanbau, der Treppe oder der WC-Anlage hingegen haben wir eine neue Formensprache eingeführt und trotz den engen Platzverhältnissen eine Optimierung hinsichtlich Hindernisfreiheit und Anlieferung erreicht.

Eine grosse Herausforderung war auch die massliche Planung ohne digitale Aufnahmen. Es gab keinen rechten Winkel, keine Senkrechte und keine übereinanderliegenden Wände, an die wir uns halten konnten. Aber die Begeisterung der involvierten (zum Teil sehr jungen) Planer und Arbeiter für dieses ehrwürdige Gebäude war sehr gross und trug wohl auch dazu bei, dass unkonventionelle Lösungen gefunden und äusserst sorgfältig umgesetzt wurden.

 

Das Museum hat in seinem Dasein schon viele Aufgaben und Funktionen erfüllt. Was glauben Sie wird es nach diesem Umbau besonders gut können?

In Riehen hat sich das öffentliche Leben über Jahrzehnte weg von der Baselstrasse zur Fussgängerpassage Webergässchen bis Wettsteinanlage verschoben. Die neue Anordnung des Eingangs im Gartensaal geht auf diese Verschiebung ein und bringt das Museum wieder mehr «ins Dorf». Die Gartenanlage und der Eingangsbereich ermöglichen dazu ein unverbindliches Schnuppern von Museumsluft ohne direkt eine Ausstellung besuchen zu müssen. Mit dem neuen Ablauf des Rundgangs im Innern können sich die Besucher*innen bewusst für die Ausstellung Spiel, die Ausstellung Dorf oder eine Sonderausstellung entscheiden. EMYL unser Partner-Büro für Szenografie und Innenarchitektur hat die Ausstellung frisch und zeitgemäss mitgestaltet, Partizipation spielt dabei eine grosse Rolle.

 

Was waren für Sie unvergessliche Momente während dem Umbau: Überraschungen, Kuriositäten, Unerwartetes?

Wir haben diverse spannende Funde gemacht: von mehreren übereinanderliegenden Fensterstürzen in der gleichen Bemalung über mumifizierte Marder, die sich quasi durch die alte Isolation des Dachs gefressen hatten, bis zu Tapetenresten aus den 70ern Jahren. Grossartig war der Blick über Riehen bei Reparaturarbeiten am Kamin im Dachfirst oder zusammen mit dem Polier mit dem Skyworker über dem Dorfplatz zu schweben, um Lüftungsrohre einzubauen. Das war schon fast wie auf der Herbstmesse.

 

Kannten Sie Riehen bereits vor diesem Auftrag?

Meine erste Zusammenarbeit mit Gian Fistarol für die Neugestaltung der Säle in der Gemeinde führte mich 2001 nach Riehen. Damals gewannen wir den 2. Preis, und 2009 für unser Konzept zur energetischen Sanierung des Gemeindehauses den 1. Preis. Wir duften auch eine städtebauliche Analyse des Dorfkerns und einige Vorstudien für bauliche Veränderungen erarbeiten. Diese Analyse hat uns auch sehr weitergeholfen bei der Wettbewerbseingabe des Spielzugmuseums.

 

Covid war und ist für uns alle eine grosse Herausforderung. Was bedeutete es für Ihren Arbeitsalltag?

Covid hatte auf meine Arbeit auf dem Bau fast keinen Einfluss. Zum Baubeginn, der am 16.3.20 direkt mit dem Beginn des ersten Lockdown zusammenfiel, gab es gewisse Unsicherheiten – insgesamt gesehen mussten wir aber zum Glück nur mit geringen Einschränkungen umgehen.

 

Sie waren praktisch rund um die Uhr vor Ort. Wie entspannen Sie nach einem langen Tag auf der Baustelle?

Im letzten Jahr hat der Umbau mir wenig Zeit für anderes gelassen – ich war ziemlich unter Strom. Mit dem Velo habe ich zwischendurch schöne Orte in der näheren Umgebung entdeckt. Und wenn ich während den Lockdowns per Velo auf dem Weg zur Baustelle unterwegs war, haben mir die Ruhe in der Stadt und auf den Strassen manchmal das Gefühl gegeben in einem anderen Jahrzehnt zu leben. Das wiederum passte natürlich bestens zu meiner Arbeit.

 

 

In der Reihe «Geplaudert mit ...» spricht das Kulturbüro mit Personen, die hinter den Kulissen der Riehener Kultur- und Freizeitangebote wirken.

 

 

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